Blick auf Gebäude des Maßregelvollzuges mit Innenhof, Grasfläche und rotem Spielfeld im Innenhof.

Häufige Fragen + Antworten

Was unterscheidet den Maßregelvollzug von der Haft in Justizvollzugsanstalten?

Nach dem Strafgesetzbuch werden im Maßregelvollzug psychisch kranke Rechtsbrecher*innen untergebracht, die während oder wegen ihrer psychischen Erkrankung bzw. Störung eine Straftat begangen haben und die aufgrund ihrer Erkrankung bzw. Störung gefährdet sind, weitere Straftaten zu begehen. 

Die Unterbringung ist gerichtlich angeordnet und erfolgt in sogenannten Forensischen Kliniken, in der Regel zunächst vorläufig gemäß § 126 a StPO, nach Rechtskraft des Urteils gemäß § 63 StGB bzw. § 64 StGB.

Im Klinikum am Weissenhof in Weinsberg ist die Klinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie eine von sieben Fachkliniken an acht Standorten in Baden-Württemberg.

Was ist Forensische Psychiatrie?

Die nachfolgende Definition basiert auf Botschaften des Arbeitskreises "Forensische Psychiatrie Transparent", in dem sich Verantwortliche aus forensischen Kliniken in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und dem Saarland zusammengeschlossen haben, um u. a. akzeptanzfördernde Aktivitäten umzusetzen. Das Psychiatrische Zentrum Nordbaden ist Mitglied dieses Arbeitskreises.

 

  • Forensisch-psychiatrische Kliniken sind Krankenhäuser – keine Gefängnisse. Die Kliniken erfüllen den gesellschaftlichen Auftrag der Besserung, Sicherung und Rehabilitation der Patient*innen. Diese sind aufgrund verschiedenster Straftaten verurteilt: von Raubstraftaten bis zum Tötungsdelikt.
  • Die in den Forensisch-psychiatrischen Kliniken untergebrachten Patient*innen sind psychisch krank (zu etwa zwei Dritteln) oder suchtkrank (zu etwa einem Drittel). Die Patient*innen sind wegen ihrer Erkrankung meist nicht oder nur teilweise schuldfähig. Deshalb dürfen sie nicht als Straftäter*innen bezeichnet werden. In Übereinstimmung mit dem Gesetz lautet die korrekte Bezeichnung „psychisch kranke Täter".
  • Die gerichtliche Einweisung in eine Klinik für Forensische Psychiatrie ist eine gravierende Maßnahme des Freiheitsentzugs. Man spricht auch von Maßregelvollzug. Im Unterschied zu Häftlingen in den Justizvollzugsanstalten wird die Dauer des Aufenthalts von psychisch kranken Täter*innen bei deren Einweisung in Forensisch-psychiatrische Kliniken nicht zeitlich begrenzt. Erst nach ausreichendem Therapiefortschritt können die Behandelnden der Justiz eine Entlassung vorschlagen. Dazu gibt es regelmäßige Anhörungen. Für die psychisch kranken Patient*innen heißt das zunächst: open end.

Unter welchen Umständen kann ein psychisch kranker Täter Lockerungen im Maßregelvollzug erhalten?

Für Patient*innen, die per Gericht in den Maßregelvollzug eingewiesen werden, verbindet sich mit der Unterbringung in einer Forensisch-psychiatrischen Klinik zunächst ein zeitlich nicht begrenzter Freiheitsentzug.

Unter exakt definierten Bedingungen können im Zuge von nachgewiesenen Therapiefortschritten für einzelne Patient*innen so genannte Lockerungen geprüft werden.
Zu diesen Lockerungen gehören beispielsweise die Besuchsmöglichkeiten und Pflege von sozialen Kontakten, begleitete oder nach Erprobung auch unbegleitete Ausgänge sowie die Möglichkeit eine Ausbildung außerhalb der Klinik zu absolvieren oder einer Arbeit nachzugehen.

Lockerungen sind eine Maßnahme für psychisch kranke Täter*innen, die als therapiefähig und therapiewillig eingestuft werden. Für Forensik-Patient*innen, die aufgrund von starken Persönlichkeitsstörungen und/oder gestörtem Sexualverhalten straffällig geworden sind, bestehen besonders hohe Hürden für Lockerungen. Bei nicht-therapiefähigen oder nicht-therapiewilligen Patient*innen gibt es im Maßregelvollzug die Möglichkeit eines dauerhaften Freiheitsentzugs, was einen wesentlichen Unterschied zur zeitlich begrenzten Unterbringung in einer Justizvollzugsanstalt darstellt.

Ziele der Lockerungen sind u. a. eine schrittweise Übergabe der Verantwortung an die Patient*innen und eine Erprobung der Alltagstauglichkeit und Belastungsfähigkeit als Vorbereitung auf eine Entlassung und Wiedereingliederung in die Gesellschaft.

Die Voraussetzung für Lockerungen werden sehr sorgfältig und unter strengen Kriterien von gut ausgebildeten und verantwortungsvollen Fachkräften geprüft: Neben der psychischen Stabilität der Betroffenen, deren Zuverlässigkeit und Kooperationsbereitschaft und weiteren erprobten Kompetenzen muss mit höchstmöglicher Sicherheit prognostiziert werden können, dass keine Rückfallgefahr gegeben ist. Bei Entscheidungen über Lockerungen außerhalb des Krankenhausgeländes sind die zuständigen Justizbehörden (Staatsanwaltschaften, Amtsgericht, Strafvollstreckungskammer) verantwortlich mit eingebunden.